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Geburtstag – 10. November 1966

Kurt Hoffmanns Einraum-Theater
oder
Dramaturgie des Menschenherzens

von Hermann-Josef Kraemer

I
Wer in den ersten Nachkriegsjahren – wie der Berichterstatter – lange Nachtstunden hindurch mit Kurt Hoffmann die Godesberger Augustastraße hin- und herging, mit ihm bei einem Glas Bier und‘ einer Bulette in einer Eckkneipe saß: der weiß, wie sehr ihn die Idee eines neuen Theaters‘ faszinierte und kennt all seine beharrlichen Überlegungen, wie ein solches neues „Contra“-Theater ins Rampenlicht zu heben sei.
Währenddessen spielte Kurt Hoffmann im Kino an der Burgstraße in Godesberg mit einem jungen Team, das er nach seinem Willen zu formen begann. Währenddessen etablierte sich in, Bonn der „erste“ Contra-Kreis e. V. unter Fred Schroer, eröffnete sein Theater mit „Hamlet“ (am 20. Mai 1950), spielte Kaisers „Napoleon in New Orleans“, Ernsts „Ariadne auf Naxos“, Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ und Gogols „Groteske Heirat“.
Karlheinz Caspari übernahm dann Schroers Arbeit und brachte Sartres „Respektvolle Dirne“, Anouihls „Antigone“, Desfresnes „Unbewohntes Eiland“, Büchners „Woyzek“ und Kesselrings „Spitzenhäubchen“ heraus.
Nicht nur .ein Contra-Theater, sondern auch ein Contra-Publikum hatten sich etabliert, als Ende 1951 Kurt Hoffmann im Theaterkeller an der Meckenheimer Straße seine Idee vom „Einraumtheater“ Gestalt werden ließ, bei dem Bühne und Parkett sich ineinander fortsetzen und sich wechselwirkend Impulse geben. Nach der Liquidation des Vereins, wegen finanzieller Schwierigkeiten, übernahm Kurt Hoffmann das Theater als Privattheater. Nach einigen Jahren hatte er seinen künstlerischen Ruf und erhielt zum ersten Mal von Bund und Land eine kleine Subvention. Er war Direktor, Dramaturg, Regisseur und Schauspieler in einer Person und drückte allem, was dann geschah, so intensiv seinen Stempel auf, daß der „Contra-Kreis“, nachdem Kurt Hoffmann längst von uns gegangen ist, genausogut seinen Namen tragen könnte.
Was er verwirklichte und was hier wenigstens mit ein paar Andeutungen bedacht sein soll, war die menschliche Nähe zwischen Gebenden und Nehmenden, zwischen Schauspielern und Publikum, war die Idee eines menschlich nahen, poetischen Theaters, war die Umsetzung der harten Alltags-Realität ins erklärende, vertiefende, aufrüttelnde und tröstende Bei-Spiel.

II
Nun, da der „Contra-Kreis“ im komfortableren, weitläufigeren, freilich immer noch intimen Neuen Haus Am Hof unter Katinka Hoffmann in eine neue Epoche eintritt, läßt sich überblicken, was bisher geschah. .
Einige Zeit nach Kurt Hoffmanns Bonner Neuanfang begannen die „Blätter des Einraumtheaters Contra-Kreis“ zu erscheinen. Gleich in deren erster Nummer anläßlich der Premiere von Christopher Frys „Die Dame ist nicht fürs Feuer“ findet man den für Kurt Hoffmanns Theater-Idee geradezu programmatischen Fry-Text mit dem beziehungsvollen Titel „Ein Dramatiker über die Wandlung zum dichterischen Theater“. Ein Satz daraus ist dem Einraumtheater sozusagen auf den. Leib geschrieben: „Die Poesie ist die Sprache, in der der Mensch das Wunderbare seines Wesens ergründet“. Diese Auffassung wird in Heft 7 durch Gustaf Gründgens noch einmal eindeutig vertreten: „Es kommt heute einzig darauf an, die Stimme des Dichters sprechen zu lassen, unverfälscht, ohne .etwas zu verschweigen und ohne etwas hinzuzufügen“. Die Zaubergabe der Dichtung, nämlich: die Steigerung der Wirklichkeit, wird kurz darauf auch von dem Bonner Germanisten Günther Müller im Programmheft beschworen. Kein Zweifel, daß Kurt Hoffmanns Dramaturgie und Spielplan einzig und allein dieser Zaubergabe und ihrer verzaubernden Wirkung dienten und sich an ein Publikum richteten, dem das „Bildungstheater“ genau so wenig geben konnte wie die kaltschnäuzigen Effekthaschereien der Star- und Boulevardbühnen. Dieses „Contra“ ist heute längst von den meisten verantwortungsbewußten Theaterleitern erkannt und anerkannt, aber Kurt Hoffmann war vielleicht der erste, der seine Idee konsequent in die Tat umsetzte. Seine Form war dabei das „Einraumtheater“, das aus der Not des Nachkriegs-Zimmertheaters die Tugend eines intensivierten Parkett-Bühnen-Kontaktes machte. Hüben und drüben eines jederzeit überschreitbaren „Grabens“ galt weder der Star noch der Snob, wurde ganz eindeutig der Mensch, das pulsierende Herz eingesetzt.
Wer freilich Poesie mit verschwommener Gefühlsduselei verwechselte, kam nicht auf seine Kosten. Kurt Hoffmanns Auffassung vom Poetischen war zutiefst weltanschaulich. Denn die Welt war es ja, die er mit all ihren Wirrungen, Verwicklungen, Sehnsüchten, Hoffnungen und Fragen der Erlösungsgewißheit gegenüberstellen wollte.
Henri Ghéons „Weihnachten auf dem Marktplatz“, Christopher Frys „Die Dame ist nicht fürs Feuer“, Graham Greenes „Letzter Raum“, Williams „Glasmenagerie“, Mauriacs „Keiner wird genug geliebt“, die deutsche Erstaufführung von Jules Supervielles „Kinderdieb“, Molières „Schule der Frauen“, Arthur Millers „Alle meine Söhne“, Herbert Meiers „Barke von Gawdos“, Shiffrins „Engel im Leihhaus“, Birabeaus „Narbe“ oder Kleists „Zerbrochener Krug“ sind wenigstens ein paar Beispiele der Widerspiegelungen des Menschlichen in einem Spielplan, der von Kurt Hoffmanns Dramaturgie des Menschenherzens bestimmt war.
Diese Dramaturgie wurde ergänzt durch eine Regie, die nicht weniger genau die Herztöne der Dialoge und Szenen auf ihren menschlichen Gehalt abhorchte und zum Schwingen brachte. Der Zuschauer hatte nie das Gefühl, glatter Perfektion des Stücks oder der Inszene ausgeliefert zu sein, sondern erlebte mit anteilnehmender Spannung Abend für Abend eine Verwandlung, der er ebenso wie der Schauspieler unterworfen war. Das machte die Faszination aus, die dieses Einraumtheater ausstrahlte.

III
War Kurt Hoffmann bis ins Jahr 1955 Dramaturg und Regisseur in Personalunion, so begann im Herbst 1955 – nachdem einige Monate vorher bereits Dr. Georg Gusmann dramaturgische Hilfsdienste geleistet hatte – Dr. Heinz Vormweg seine dramaturgische Arbeit. Die Zeit der Sammlung, der Konsolidierung war zuende, es galt, die alte Idee neuen Erwartungen und Möglichkeiten weiterzugeben in einer Zeit, „die in einem erschreckenden Maße Sozialprobleme den schöpferischen vorzieht“. Noch einmal formulierte Vormweg (in den „Blättern“ 14/15) die Absage an das Bildungs-„Institut“ und postulierte, daß das nutzlose aber sinnvolle Spiel des Theaters seine Aufgabe sehe in der „Verwandlung des Menschen aus der Flächigkeit des Alltags zum Erleben der eigenen Substanz im freien, zutiefst zwecklosen Spiel“.
Dieser präzisen Neusetzung des alten Contra-Ideals entsprach gleichzeitig eine thematische und personelle Ausweitung und Auffächerung des Spielplans. Zwar trug nach wie vor Kurt Hoffmann die größere Last der Regiearbeit, aber neue, junge Namen nuancierten das der innerlichen Wandlung und Verwandlung gewidmete Spiel: inszenierte Kurt Hoffmann in der neuen, noch lebendigeren, noch weltoffeneren Contrakreis-Phase seit dem Oktober 1955 zum Beispiel die Flatter-Übersetzung von Shakespeares „Ende gut – alles gut“, den frechen Rothe-Text der „Komödie der Irrungen“, Goodrich/Hacketts „Tagebuch der Anne Frank“, als Deutsche Erstaufführung und vieldiskutierte Sensation Jean Genets „Hausmädchen“ (Zofen), Roussin/Grays elegant-erotische Komödie „Helena oder die Lust zu leben“, Shaws „Candida“ und Tennessee Williams „Katze auf dem heißen Blechdach“, so zeigt sich bereits beim Stücke-Aufzählen, daß das Programm der traditionsgemäß en-suite gespielten Aufführungen griffiger, zeitnaher geworden ist.
Rolf Herkenrath, ein Mitglied des Contra-Kreis-Ensembles, variierte zudem als Regisseur die Skala: Priestleys „Skandalgeschichte von Mr. Kettle-Mrs. Moon“ und Basil Thomas „Bestseller“ steuerte er als eigene Regiearbeiten bei. Jürgen Goslar außerdem, von Hoffmann für eine Rolle in Frys „Die Dame ist nicht fürs Feuer“ geworben, inszenierte Eugene O’Neills „Fast ein Poet“, und diesmal war Kurt Hoffmann nur der Hauptdarsteller. Auch der Dramaturg Heinz Vormweg wuchs mit feinschmeckerischem Geschick in die Aufgabe des Regisseurs hinein. Von seiner Hand sah man Paul Valerys „Mein Faust“, Karl Wittlingers „Himmel der Besiegten“ und Andam/Zibasas „Götterkinder“.
Bedeutungsvoll war, daß Hansjörg Utzerath zum Contrakreis-Theater stieß. Seine Inszenierungen von Sternheims „Hose“, John Osbornes „Blick zurück im Zorn“, Jean Cocteaus „Schreibmaschine“ setzten neue Akzente.

IV
Als sich Hansjörg Utzerath eigenen Theaterplänen in Düsseldorf zuwandte und auch Dr. Vormweg andere“ Aufgaben übernahm, fand sich im richtigen Augenblick Franzjosef Dörner zu einer intensiven Zusammenarbeit mit Kurt Hoffmann und dem Contrakreis bereit. Seither war seine Hand kräftig spürbar, besonders, als schwierige Zeiten nahten und Kurt Hoffmann schließlich der Bühne des Einraumtheaters und des Lebens Lebewohl sagen mußte.
Wie genau Franzjosef Dörner Absicht und Art des Contrakreis-Unternehmens verstand, zeigte sich zum Beispiel in seiner Inszenierung von John Patricks Komödie „Eine etwas sonderbare Dame“ (mit Anneliese Rehse in der Titelrolle). So sah man von ihm, der mit pädagogischem Zugriff das Schauspielerteam zu führen und mit feinem Sinn für das Echte alle Kräfte einzusetzen verstand, Priestleys „Schafft den Narren fort“, Pagnols „Monsieur Topaze“, Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“, O’Neills „O Wildnis“, O’Caseys „Der Rebell, der keiner war“, Louis Gaulis‘ Kapitän Karagöz und Günter Weisenborns „Zwei Engel steigen aus“.
Zwischendrin führte einmal das Ensemblemitglied Wolfgang Strohmeyer Regie in Barry Conners „Patsy“, während der Hausherr, voller Phantasie, Theaterbesessenheit und Energie wie eh und je – trotz des herannahenden 70. Geburtstages – noch immer seine Hand im (Theater-)Spiel hatte. Skakespeares „Zwei Herren aus Verona“, Obeys „Um Mitternacht“, Marotta/Randones „Die Gäste der Frau Veronique“ und etwa Shaws „Man kann nie wissen“: das waren wenigstens ein paar Stationen auf seinem langen und so lange glückhaften Weg.
Drohend begannen sich Anzeichen heimtückischer Krankheit zu melden, das Einraumtheater-Domizil an der Meckenheimer Straße schien in naher Zukunft ernstlich bedroht. Zwar drängte das Publikum sich nach wie vor mit anhänglicher Zuneigung auf die hölzernen Klappsitze, aber auf gewisse Weise mußte unter solchen Umständen die genaue Kontur des Contra-Planes sich mehr und mehr verwischen.

V
Am Ende stand der Tod eines eigenwilligen, ja sogar eigensinnigen, aber mit jeder Faser seines großen, humanen, leidenschaftlich zitternden Herzens dem Theater eingeschworenen Mannes, den seine Schauspieler wie einen liebevoll-gestrengen Vater fürchteten und das Publikum dankbar verehrte. Aber als er ging, war bereits die Saat gelegt für einen neuen Anfang.
Seine Tochter Katinka, die in dem weit über alles Theater hinausreichenden „Weihnachten auf dem Marktplatz“ als kindlich-anmutiger Engel ihre eigene Theaterlaufbahn begonnen hatte, die in so vielen Inszenierungen ihres Vaters ihr Theaterblut bewiesen und fern von Bonn immer wieder unter Beweis gestellt hatte, übernahm unter der künstlerischen Assistenz Franzjosef Dörners die Leitung des Contrakreis-Einraumtheaters, das längst in Bonn und außerhalb fast sagenhaften Ruf genoß.
Die Arbeit Wurde folgerichtig dort aufgenommen, wo sie stehengeblieben war. Dörner inszenierte Hamiltons Gänsehaut-Stück „25 vor Elf“ und Herberts „Wolken sind überall“ erhielt seine unterhaltsame Inszene durch Peter Borchardt. Dann aber setzte schon eine Spielplan-Intensivierung ein, für die als erste Proben Mihuras Komödie „Der Engel mit dem Blumentopf“ (mit Renate Woldt in der Ruth-Leuwerik-Rolle) und Achards „Darf ich mitspielen“ den Weg über die pure Unterhaltung hinaus wiesen. Zudem richtete Dörner Sonntags-Matineen ein, die expressis verbis bekundeten, daß der Contrakreis von nun an die Aufgabe übernehme, Stücke moderner, sonst in Bonn nicht zu erlebender Autoren spielen und sie zur Diskussion stellen wolle. Pinters „Hausmeister“ und Saunders „Ein Eremit wird entdeckt“ waren bereits prägnante Beispiele dieses Vorhabens.
Mittlerweile ist das vertraute und wegen seiner Intimität allen Theaterfreunden liebgewordene Domizil an der Meckenheimer Straße ein Opfer der Spitzhacke geworden. Ein wunderschönes Neues Haus öffnet weit seine Türen. In einer neuen Dekoration wird das alte Spiel neu anheben: die Verwandlung des Menschen im Spiel. Unter Lachen und Weinen jedesmal ein Blick ins menschliche Herz.


Geburtstag – 10. November 1966

Über das Stück

Schauspiel

10. Nov 196610. Nov 1966


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