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Sonntag 15.00 Uhr
13. Oktober 2024
1. Dezember 2024
19. Januar 2025
26. Januar 2025
30. März 2025
13. Juli 2025
Der Vorname
Ein gemütlicher Abend soll es werden in der schlicht und stilvoll eingerichteten Wohnung des Literaturprofessors Pierre Garaud und seiner Frau Elisabeth. Nur Freunde und Familie sind zu Gast: Elisabeths Bruder Vincent mit seiner schwangeren Partnerin Anna, dazu Claude Gatignol, Posaunist im Rundfunkorchester und Freund seit Kindertagen. Für Vincent, einen begnadeten Selbstdarsteller, ist die Runde zu friedlich. Um für „Stimmung“ zu sorgen, enthüllt er den fassungslosen Freunden den geplanten Vornamen seines noch ungeborenen Sohnes: Adolphe. Natürlich mit „phe“ und nicht mit „f“.
Die hitzige Diskussion um die Frage, ob man sein Kind so nennen darf, führt dazu, dass das bisher so gemütliche Familientreffen plötzlich aus dem Ruder läuft. Denn die Jugendfreunde Pierre und Vincent sind nun in der Laune, sich endlich einmal ein paar Wahrheiten zu sagen, die man im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens besser verschweigen würde. Beträchtliche Eitelkeiten treffen aufeinander, mit geschwollenen Kämmen hacken die Kampfhähne aufeinander ein. Mit Lust und Niveau werden Wortgefechte ausgetragen, doch die Contenance verlieren die Alphatiere erst, als Elisabeths und Vincents Mutter Françoise in einer Weise ins Spiel kommt, die sich niemand hat träumen lassen.
Wortwitz und Dialoge in der besten Tradition der französischen kritischen Gesellschaftskomödie treiben atemlos eine Handlung voran, die bei aller Komik auch manchen Blick in die Abgründe der Figuren erlaubt.
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„Nomen est omen“ – in der raffiniert gebauten, geistreichen Komödie des französischen Autoren-Duos M. Delaporte und A. de la Patellière ist es der Name Adolphe, der auf höchst spannende und amüsante Weise zur Zündschnur wird, an deren Ende es dann gehörig knallt. Bei einem gemütlichen Abendessen entbrennt ein hitziger Namensstreit. Die freundlichen Masken der fünf Bildungsbürger bröckeln ab, Lebenslügen und streng gehütete Geheimnisse werden entlarvt. Nach und nach bekommt jeder sein Fett ab und wird zur Zielscheibe von spitzzüngigen Boshaftigkeiten und Spötteleien. Da gibt es für das entzückte Publikum Wortgefechte vom Allerfeinsten und jeder Hieb ist ein Treffer zwischen den Duellanten. Regisseur René Heinersdorff hat dieses Fest an pointenreichen Dialog-Feuerwerken so spritzig, flott und geschmeidig inszeniert, dass keine Wünsche offen bleiben.
Mit überschäumender Spiellust bringen die fünf Protagonisten in ihren Rollencharakteren eine Dynamik und Intensität auf die Bühne, die einfach mitreißend sind:
Anja Kruse überzeugt als anfangs harmoniesüchtige, zwischen Gästen und Küche wuselnde Hausherrin, der schließlich in einem beeindruckenden Monolog der Kragen platzt.
Pascal Breuer ist ein Genuss als wortgewandt schneidiger Immobilienmakler Vincent, der nassforsch und perfide die Büchse der Pandorra öffnet und damit das ganze Desaster anrichtet.
Hervorragend Sebastian Goder als elegant gewandeter Musiker mit sensibler, konfliktscheuer Künstlerseele, der gerade weil er es allen recht machen will, die anderen zur Weißglut bringt.
Phänomenal Werner Tritzschler als linksintellektueller Literaturprofessor Pierre, mit Sprachqualitäten erster Güte: man muss es erleben, wie er ätzend seine Kommentare quasi ausspuckt. Janina Isabell Batoly behält als Anna souverän einen kühlen Kopf und das macht sie prima.
Fazit: Beste Unterhaltung mit einer kurzweiligen Komödie, die bis zum Schluss spannend bleibt: Unbedingt ansehen!
Christa-Reichow-Schürmann vom 23. Mai 2016
Herrlich böse Gesellschaftssatire „Der Vorname“ im Contra-Kreis
Mia und Ben waren laut amtlicher Statistik die beliebtesten Vornamen für 2015 in Deutschland geborene Kinder. Die Gesellschaft für deutsche Sprache nennt dagegen Sophie und Maximilian. Man kann seine Sprösslinge auch Adonas und Athena nennen wie das bildungsbürgerliche Pariser Ehepaar Garaud. Gucci oder Hermès sind erlaubt. Nur eins geht gar nicht: Adolphe. Den romantischen Helden des Romans von Benjamin Constant kennt zwar niemand (in Deutschland sowieso nicht). Aber Pierre wittert schon beim Ultraschall-Bild des ungeborenen Babys seines Schwagers Vincent das Unheil in Form eines zum Adolf-Gruß gereckten Ärmchens.
Eigentlich sollte es nur ein gemütlicher Familienabend mit marokkanischem Essen werden. In der bissigen Komödie „Der Vorname“ des französischen Autorenduos Matthieu Delaporte und Alexandre de la Platellière wird daraus ein verbaler Schlagabtausch, der den Vergleich mit Yasmina Rezas „Gott des Gemetzels“ nicht zu scheuen braucht. Das mittlerweile auch verfilmte Stück ist ein unverschämter Kommentar zur Toleranz-Hysterie, die mit gepflegter Mainstream-Liberalität zuschlägt und alles in die rechte Ecke verbannt, was nicht ihrem Weltbild entspricht.
Vor allem ist es jedoch eine brillante Komödie, die René Heinersdorff mit einem fabelhaften Schauspieler-Quintett nun mit viel Tempo und Spielwitz im Contra-Kreis auf die Bühne gebracht hat. Nachdem der smarte Immobilienhai Vincent – tatsächlich nur aus Jux, den romantischen Helden aus Benjamin Constants Roman „Adoplphe– seine Namensidee in den stilvollen Salon (Bühne: Tom Grasshof) posaunt hat, kocht die Galle hoch. Alte Wunden werden messerscharf aufgerissen, Lebenslügen schonungslos entlarvt.
Werner Tritzschler karikiert perfekt den feinsinnigen linksintellektuellen Literaturprofessor Pierre im existenzialistisch schwarzen Outfit (Kostüme: Andrea Gravemann), der seine üble Macho-Haltung gar nicht wahrnimmt. Anja Kruse als seine tapfere Gattin Elisabeth (von allen zärtlich „Boubou“ genannt) saust zwischen Küche und Kinderzimmer herum, bis sie dem sanft ergrauten Patriarchen ihre ganze Frustration aufs Butterbrot schmiert. Pascal Breuer ist Elisabeths charmanter Bruder Vincent, geschäftlich auf der Sonnenseite, geistig eher robust. Wie der an die schöne, junge Anna Caravati geraten ist, mag der Himmel wissen. Janina Isabell Batoly ist im eleganten grünen Schwangerschaftskleid das Gegenteil eines Herdheimchens und auch sonst nicht auf den Mund gefallen.
Ein Mann zum Verlieben ist Sebastian Goder als langjähriger Hausfreund Claude, Posaunist im Rundfunkorchester, musikalisch sensibel und nicht ganz grundlos auf der Flucht nach Marseille. „Schwuppe“ hat der spitzzüngige, furchtbar tolerante Familienclan den Typen genannt. Dass dabei Elisabeths und Vincents Mama Françoise per Handy aus ihrer Villa an der Côte d’Azur als Dea ex Machina noch ein Wörtchen mitzureden hat, dürfen wir verraten. Das Baby wird also garantiert weder Rolex noch Mercedes heißen.
Begeisterter Premierenbeifall für eine hochintelligent unterhaltende Aufführung.
Christa-Reichow-Schürmann vom 23. Mai 2016